Lea Valcov, M.A., Dr. Marc Heise und Dr. Jörg Bofinger / Ammerbuch-Reusten, Lkrs. Tübingen
Ehrenamtsprojekt "Ammerbuch-Reusten" - Forschungsgrabung 2021 ff.
Ein Grabungsprojekt mit Freiwilligen (2021 bis 2023/2024)
Ein neues Ausgrabungsprojekt des Landesamts für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart unter Beteiligung von Freiwilligen und in Kooperation mit der Gesellschaft für Archäologie und der Universität Tübingen findet ab September 2021 an der Fundstelle des ältesten Goldfundes Südwestdeutschlands bei Ammerbuch-Reusten (Landkreis Tübingen) statt. Es war zunächst bis September 2023 terminiert, wurde aber nochmal um ein Jahr bis September 2024 verlängert.
Das Siedlungsareal bei Ammerbuch-Reusten
Seit 2017 werden im Rahmen eines Kooperationsprojektes des Landesamtes für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart und der Universität Tübingen, Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters, Forschungsgrabungen an mehreren jungsteinzeitlichen Siedlungsplätzen durchgeführt. Ziel ist die Erforschung der Besiedlungsgeschichte der ersten Ackerbauern und Viehzüchter in der Region rund um das Ammertal.
Auf der Hochfläche des Oberen Gäus, unweit des Kirchberges von Reusten, befindet sich ein größeres Fundareal, welches bereits seit langer Zeit bekannt ist. Neben ausgepflügten menschlichen Skelettresten können auch beinahe alle vorgeschichtlichen Epochen seit der frühesten Jungsteinzeit bis in die römischen Epochen nachgewiesen werden.
Im Jahr 2000 wurden durch den ehrenamtlichen Mitarbeiter A. Lehmkuhl die Reste einer Hockerbestattung im Zentrum des Fundareals in der Flur „Grüninger“ freigelegt. 2020 erfolgte eine gezielte Nachuntersuchung im Rahmen des Forschungsprojektes, welche die zeitliche Stellung Bestattungsplatzes klären sollte.
Forschungsgrabung Flur „Grüninger“ 2020
Die bereits im Vorfeld der Grabung durchgeführten geomagnetischen Messungen lieferten die Grundlage für einen 10 m x 20 m großen Sondageschnitt. Bereits wenige Zentimeter unter dem Ackerboden wurden archäologische Befunde beobachtet. Ein Großteil der Strukturen umfasst jungsteinzeitliche Siedlungsgruben und Pfostengruben der Linearbandkeramischen Kultur sowie eine größere mittelneolithische Grube.
Ein zweiter Schnitt sollte die von A. Lehmkuhl beobachtete Bestattung lokalisieren und dokumentieren. Im Zentrum des 3 m x 3 m großen Schnitts wurden die letzten Reste eines Grabes einer jungen Frau, die in Hockerlage bestattet wurde, aufgefunden. Bedauerlicherweise waren große Teile des Skelettes bereits von der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung des Feldes in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Bestattung selbst wurde im Block geborgen und im Restaurierungslabor fachgerecht freigelegt und dokumentiert.
Der bisher älteste Goldfund Baden-Württembergs
Spektakulär ist die einzige Grabbeigabe, die man der jungen Frau mit ins Grab gab. Es handelt sich um eine kleine, mehrfach gewundene Goldspirale, welche im unteren Rückenbereich der Frau aufgefunden wurde und wahrscheinlich ursprünglich im Kopfbereich der Bestattung lag.
Knochenproben des Skelettes erbrachten ein 14C Datum von 1861-1616 calBC und datiert das Grab damit in die frühe Bronzezeit. Bisher sind Goldfunde für diese Zeitstellung nur aus Mitteldeutschland bekannt. Die kleine Goldspirale ist somit der bisher älteste Goldfund Baden-Württembergs.
Vorgesehene Maßnahmen im Projekt
Ab dem 13.09.2021 soll im Rahmen eines auf zunächst zwei Jahre angesetzten Projekts das gesamte Areal der Flur „Grüninger“ ausgegraben und dokumentiert werden. Grund dafür ist die akute Bedrohung der archäologischen Befunde und Funde durch die landwirtschaftliche Nutzung des Feldes.
Das Grabungsprojekt des Landesamts für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart wird unter Beteiligung von Freiwilligen und an der Archäologie interessierten Bürgerinnen und Bürgern durchgeführt werden. So soll auch interessierten Laien die Möglichkeit geboten werden, unter fachkundiger Anleitung an archäologischen Ausgrabungen teilzunehmen und so Archäologie vor Ort zu erleben und die Ausgrabungen zu unterstützen.
Wissenschaftliche Leiter des Projektes sind Dr. Jörg Bofinger und Dr. Marc Heise. Die Maßnahmen vor Ort werden von Lea Valcov M.A. durchgeführt.
Anmeldung für die Grabungskampagne
Wenn Sie Interesse haben, an der Ausgrabung teilzunehmen, können Sie sich vorab bei uns melden.
Wünschenswert für die Teilnahme an dem Ehrenamtsprojekt sind erste Grabungserfahrungen (z.B. Lehrgrabungen etc.) und die Bereitschaft zur aktiven Mitarbeit vor Ort.
Für Ihre Anmeldung (Erst-Registrierung) und die Nennung Ihrer Beteiligungsmöglichkeiten senden Sie bitte eine formlose E-Mail an die Grabungstechnikerin Lea Valcov (s. unten).
Ein Neueinstig in die Arbeiten vor Ort ist während der gesamten Grabungskampagne möglich. Beachten Sie hierbei bitte eine gewisse Vorlaufzeit von 2-3 Wochen für die Planung. Auf der Kommunikationsplattform „moodle“ werden spätestens 14 Tage vor dem eigentlichen Grabungsbeginn „Abfragen“ eingestellt, um Interessenten die Möglichkeit zu geben, ihre individuellen Beteiligungstage anzugeben. Eine Teilnahme über mehrere Tage ist erwünscht.
Kontaktdaten
Grabungsleitung vor Ort: lea.valcov@rps.bwl.de oder
Projektadresse: ehrenamtprojekt-ammerbuchreusten@web.de
Sie erhalten anschließend weitere Informationen und ggf. Ihre Registrierungsdaten für die → Kommunikations-Plattform (moodle).
Hinweis: Eine Neuregistrierung kann manchmal etwas dauern, da wir vor Ort nicht immer online sind.
Wir freuen uns, mit diesem Projekt vielen Ehrenamtlichen im Land ein attraktives Angebot machen zu können, einmal "von Anfang bis Ende" bei einer Forschungsgrabung beteiligt sein zu können. Ihr → Mitgliedsbeitrag bei der Gesellschaft für Archäologie hilft auch hier, die Kosten für die Bereitstellung der technischen Infrastruktur (moodle) zu decken.
Die Projektseite der Universität Tübingen
Auf der Website der Eberhard Karls Universität Tübingen, Philosphische Fakultät - Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters finden Sie aktuelle Informationen zu den verschiedenen Forschungsgrabungen im Ammertal. Mehr
Publikationen (Auswahl)
Aktuelle Informationen zur bisherigen Grabungskampagne in Ammertal finden Sie in:
- Jörg Bofinger, Marc Heise, Lea Valcov: Im Ehrenamt in die Bronzezeit - Ein Ausgrabungsprojekt bei Ammerbuch-Reusten. In: "Denkmalpflege in Baden-Württemberg – Nachrichtenblatt der Landesdenkmalpflege", 3-2023, S. 178-185. (→ Zum PDF-Download)
- Zur Sonderausstellung → "Gold im Ammertal. Das Ende der Steinzeit im Raum Tübingen" im MUT Tübingen ist ein gleichnamiger, reich illustrierter Begleitband erschienen mit Essays zur Kulturgeschichte der Region um Tübingen, Beiträgen zur archäologischen Methodik und einem Katalog der untersuchten Fundplätze:
Bofinger, Jörg und Krauß, Raiko (Hg.) Tübingen 2023, 274 Seiten mit 257 durchgehend farbigen Abbildungen, ISBN 978-3-949680-08-3 Schriften des Museums der Universität Tübingen MUT, Herausgegeben von Ernst Seidl, Band 27, Preis: 29,90 €. Die Publikation ist erhältlich an der Museumskasse oder im → Online-Shop des MUT. - Bofinger, Jörg; Heise, Marc; Valcov, Lea: Zur Fortsetzung des Projekts im Bereich des neolithischen Siedlungsareals und frühbronzezeitlichen Bestattungsplatzes bei Ammerbuch-Reusten. In: Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 2022, S. 16-19.
- Krauß, R.; Breuer, L.; Korolnik, S.; Pernicka, E.; Schorer, B.; Spatzier, A.; Stein, V. Bofinger, J., An Early Bronze Age Burial with a Golden Spiral Ring from Ammerbuch-Reusten, Southwestern Germany. Praehistorische Zeitschrift, 2021. doi: 10.1515/pz-2021-0010
- Bofinger, Jörg; Stein, Veronika; Valcov, Lea; Krauß, Raiko: Das Ammertal als jungsteinzeitliche Siedlungslandschaft – Fortführung der Untersuchungen zum Frühneolithikum. In: Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 2021, S. 99-102.
- Bofinger, Jörg; Heise, Marc; Valcov, Lea: Im Hinterland des Kirchbergs von Reusten – Ein neues Grabungsprojekt im Bereich des neolithischen Siedlungsareals und frühbronzezeitlichen Bestattungsplatzes bei Ammerbuch-Reusten. In: Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 2021, S. 18-21.
- Bofinger, Jörg; Brandtstätter, Lennart; Heise, Marc; Stein, Veronika; Krauß, Raiko: Jungsteinzeitliche Scherben, frühbronzezeitliches Gold – Zum Fortgang der Untersuchungen im Ammertal. In: Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 2020, S. 88-92.
Pressemitteilungen (Auswahl)
- Bilderserie des Ministeriums für Landesentwicklung und Wohnen Baden-Württemberg (Oberste Denkmalbehörde) vom 05.09.2023: → Ministerin Razavi besichtigt Ehrenamtsgrabung in Ammerbuch-Reusten.
- Pressemitteilung des Ministeriums für Landesentwicklung und Wohnen Baden-Württemberg (Oberste Denkmalbehörde) vom 05.09.2023: → Ministerin Razavi auf Denkmalreise in Reusten, Haigerloch und Wankheim.
- Pressemitteilung des LAD vom 15.09.2021: → Fortsetzung der Grabungen an der Fundstelle des ältesten Goldfundes Südwestdeutschlands bei Ammerbuch-Reusten (Landkreis Tübingen).
Bürgerverein Ammerbuch
Mit aktuellen Berichten und Vortragsveranstaltungen wird das Ehrenamtsprojekt aktiv begleitet durch den → Bürgerverein Ammerbuch e.V.
TV-Beiträge
- Beitrag SWR AKTUELL v. 24.09.2023 → "Gold im Ammertal": Tübinger Ausstellung zeigt spektakuläre Funde.
- Beitrag SWR AKTUELL v. 29.06.2023 → "Archäologen graben in Ammerbuch nach Resten aus der Steinzeit" mit besonderer Berücksichtung der ehrenamtlichen Unterstützung.
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