Bönnigheim
Kolloquium "Nachgeburtsbestattung. Archäologie – Weltweit – Bräuche“
Veranstalter: Förderverein Museum im Steinhaus und Historische Gesellschaft Bönnigheim
Tagungsort: Institute Hohenstein, Schloss Hohenstein, Schlosssteige 1, 74357 Bönnigheim
Karte/Ortsplan: zum → Tagungsort mit OpenStreetMap
Beginn: SA 21. September 2024 um 10:00 Uhr
Ende: SO 22. September 2024, ca. 15:00 Uhr
Tagungsgebühr: 130,00 € inkl. Catering und Getränke
Programmflyer: Der Flyer steht zum Download bereit → siehe unten
Anmeldung: ist erforderlich. Bitte per E-Mail an schnamus@web.de
Rückfragen: telefonisch an Kurt Sartorius (Museumsleiter): 07143/22563
Das Programm
Am 21. und 22. September 2024 findet im Schloss Hohenstein in Bönnigheim ein Kolloquium unter dem Titel "Nachgeburtsbestattung" statt.
Neue Forschungsthemen stoßen häufig auf Skepsis, so auch im Fall „Nachgeburtsbestattung“. Es sind jetzt 40 Jahre her, dass Kurt Sartorius in Bönnigheim zum ersten Mal im Keller vergrabene Töpfe gefunden und diese mit dem Brauch der Nachgeburtsbestattung in Verbindung gebracht hat. Dies löste mitunter nur ein mitleidiges Lächeln aus. Ein vergleichbarer Fund war unbekannt. Zwischenzeitlich liegen Funde aus ganz Deutschland vor.
Im Januar 1984 untersuchte die Gruppe um Sartorius in Bönnigheim das Gebäude Michaelsbergstraße 17/19, das abgebrochen werden sollte. Zufällig stießen sie dabei auf vergrabene Töpfe im Kellerboden. Und zufällig hatte K. Sartorius kurz vorher im Buch „Volkstümliche Überlieferungen in Württemberg“ von Karl Bohnenberger (1904) vom Brauch der Nachgeburtsbestattung im Keller gelesen. Deshalb brachte er die Töpfe mit diesem Brauch in Verbindung. Anfragen bei den entsprechenden Fachbehörden zeigten, dass in Deutschland kein vergleichbarer Fund bekannt war.
Die Ausgrabung des Kellers brachte 50 Töpfe ans Tageslicht. Funde in 38 weiteren Kellern folgten. Sartorius: "Seitdem wir den Fund und unsere Interpretation bekannt gemacht haben, werden in ganz Deutschland solche Töpfe ausgegraben. Erst völkerkundliche Vergleiche erhellten den Hintergrund. In der Plazenta wird ein geistiges Wesen vermutet, das eine Verbindung zum Kind hat. Wird dieses Wesen schlecht behandelt, rächt es sich am Kind. Dieses wird krank und stirbt. Deshalb war das sorgfältige Bestatten, das Zurückgeben an die Mutter Erde, eine wesentliche Voraussetzung für das Gedeihen des Kindes. Dieser Hintergrund lässt sich heute weltweit belegen, ja in vielen Völkern wird die Nachgeburt heute noch bestattet. Der Nachweis von Hämoglobin und Östrogenen im Topfinhalt an der Universität Mainz brachte eine eindrucksvolle Bestätigung unserer Hypothese."
Wie ist es möglich, dass ein allgemeiner Brauch völlig verschwindet und vergessen wird, so dass auch die Wissenschaft kaum etwas davon weiß? Das lässt sich wohl nur mit einem Tabu erklären, das in unserer Gesellschaft Themen um die Geburt umgab.
Vor bereits 5300 Jahren belegt eine Nachricht aus Ägypten die besondere Behandlung der Nachgeburt. Weitere Belege werden 200 v. Chr. in China, 800 n. Chr. im Talmud, dem jüdischen Gesetzeswerk, aufgeführt. Quer durch alle Zeiten und Völker lässt sich die Nachgeburtsbestattung verfolgen. Selbst der Philosoph Peter Sloterdijk bezeichnet die Nachgeburt 1998 in seinem Buch „Sphären I“ als Urbegleiter. Deshalb lässt sich vermuten, dass wir mit der Nachgeburtsbestattung einem Urbrauch der Menschheit auf die Spur gekommen sind.
Sartorius: "Im Jahr 1997 führten wir schon einmal ein Kolloquium zum Thema Nachgeburtsbestattung durch. Zum 40-jährigen Jubiläum der Forschung freuen wir uns, wieder interessante Themen zur Nachgeburtsbestattung präsentieren zu können. Das Kolloquium beleuchtete das „Tabu Nachgeburtsbestattung“ aus vielerlei Richtungen. Das geht von der Forschungsgeschichte, Volkskunde über die Völkerkunde, Archäologie, Soziologie bis zum alten Ägypten."
Das Tagungsprogramm mit den Referentinnen und Referenten, den Vorträgen sowie weiteren Hinweisen zu Ablauf und Organisation finden Sie nachfolgend in einem Flyer zum Download.
Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme.